Kolumne - Weshalb es viel schöner ist, wenn nichts los ist
Samstag, August 01, 2015
Montag 19 Uhr, ich bin auf dem Weg zur U-Bahn als mich eine
Freundin anruft. Sie möchte mich auf dem aktuellen Stand bringen und berichtet
mir von ihrem letzten Date. Es lief gut, sie waren Kaffee trinken, konnten
lachen und hatten gemeinsame Interessen. Doch irgendwie weiß sie nicht so
recht. Er hat sich danach nur noch sehr Wortkarg gemeldet. Über Whatsapp
natürlich. Wer ruft heute noch an? Jetzt versucht sie die Situation zu
analysieren: Soll sie ihm wieder schreiben oder wirkt das zu verzweifelt?
Außerdem ist da ja noch ihr Nachbar, mit dem wollte sie sich auch mal treffen.
Vielleicht sollte sie ihre Energie lieber hierfür aufwenden. Das mit dem
anderen ist wahrscheinlich eh gelaufen. Jetzt wo er sich seit zwei Tagen nicht
mehr meldet. Doch seit dem letzten Gespräch mit dem süßen Nachbar im Hausflur,
bei dem sie beschlossen haben sich mal zu verabreden, hat sie ihn nicht mehr
getroffen. Wie auch? Auf Arbeit ist gerade so viel Stress. Die Kollegen sind
alle unfähig. Vor allem die Neue, die zuerst ganz nett wirkte, sich dann aber als
totale Zicke herausstellte. Hat sich gleich mit dem Kollegen zusammen getan,
der für die Dienstpläne verantwortlich ist. Natürlich hat sie jetzt die ganzen
guten Schichten und meine Freundin muss am Wochenende arbeiten. So kommt es
auch, dass sie ihren Nachbarn schon länger nicht mehr gesehen hat. Soll sie
einfach mal am Samstagabend nach der Arbeit bei ihm klingeln? Oder wirkt das zu
verzweifelt? Und was wenn er etwas vor hat? Und sie nicht? Wie sieht das denn
bitte aus?
Mit diesen und ähnlichen Gedanken geht es weiter bis ich aus der U-Bahn wieder aussteigen muss. Auf dem Fußweg von der U-Bahnstation zum Pilatesstudio fragt mich meine Freundin schließlich: „Und was ist bei dir so los?“. Ich überlege kurz und antworte: „Ach, eigentlich nichts.“ So aufregende Sachen wie in ihrem Leben sind wirklich nicht los. Beziehung, Arbeit, Freizeit, Leben – alles läuft wie immer. Keine Diskussionen, keine Dramen, keine Zickereien. Im Grund also nichts los. Ich erzähle noch ein bisschen von meinem Muskelkater von der letzten Pilatesstunde bevor ich mich von ihr verabschiede und in den Kursraum gehe. Glücklich nehme ich auf der Yogamatte Platz und freue mich darüber, wie schön mein Leben momentan ist, weil einfach nichts los ist.
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